Ein Leben im Dialog

850 Zuhörer im Streaming und 150 Anwesende an der Mariapoli Foco in Montet, um Helmut Sievers (Chiarama) zu danken.  Die Messe, die simultan in drei Sprachen (Französisch, Deutsch und Italienisch) übersetzt wurde, stand unter dem Vorsitz von Bischof Pierre Bürcher und wurde von 10 Priestern mitgefeiert. Sie krönte Helmuts Leben. Dabei waren Familienangehörige aus Deutschland, Schweizer Fokolare und Freunde, die ihn in den 12 Jahren, die er in der Siedlung lebte, kennen gelernt hatten.

Sein Leben hat die Liebe Gottes verkündet", sagte Bischof Bürcher in seiner Predigt. "Als Fokolar und Priester lebte er Tag und Nacht in der Liebe zu Gott und zu seinem Nächsten. Heute erinnern wir uns voller Dankbarkeit daran, mit welchem Elan Helmut das göttliche Abenteuer gelebt hat, das Gott für ihn bestimmte hat. Mit dem Ideal der Einheit im Herzen liess er sich Tag für Tag nach dem Plan Gottes formen.

Maria Sievers (seine Schwester) schilderte die Familiengeschichte von Helmut und Gusti Oggenfuss (ein Fokolar, der viele Jahre mit ihm zusammenlebte) seine Erfahrung in der Fokolar-Bewegung.

Maria Sievers: „Helmut wurde im 2. Weltkrieg am 17. September 1941 als drittes von zehn Kindern geboren - in Nordhorn an der Grenze zu den Niederlanden. Ende 1959 wurde ich als 10. und letztes Kind geboren. Er wurde mein Taufpate – und war sehr stolz auf dieses Amt, wie er mir öfter versicherte. Er war damals 18 Jahre alt. Helmut war ein Familienmensch. Später hatte Helmut die Schweizer Staatsbürgerschaft angenommen. Hier war seine Wahlheimat. Er liebte das Land, die Menschen und die Berge. Hier konnte er auftanken: Beim Bergsteigen, Skifahren, Wandern oder auch „Bergmarathon-Laufen“.

Gusti Oggenfuss: “Im Herbst 1958 lernte Helmut die Fokolar-Bewegung kennen: der Priester Hans Heilkenbrinker erzählte mit einigen seiner Schüler von der „Mariapoli“ in den Dolomiten. Helmut ist von der Möglichkeit, das Evangelium im Alltag ganz konkret zu leben, so begeistert, dass er im Jahr darauf, 1959, an der letzten Mariapoli in Fiera di Primiero teilnimmt. Das Erlebnis beeindruckt ihn dermassen, dass er die ganze Familie für ein Leben in der Einheit interessiert.“

Sofort nach seiner Matura 1962 fährt er nach Grottaferrata zur ersten Schule für angehende Fokolare. Nach einem Jahr kehrt er nach Deutschland zurück, wo er in Köln und Berlin erste Erfahrungen im Gemeinschaftsleben macht. 1967 übersiedelte er nach Loppiano (Italien).

Die Entschiedenheit, mit der Helmut das Ideal der Einheit zu seinem Lebensideal gemacht hat, war mit ein Grund dafür, dass Chiara dem 27jährigen 1968 die Verantwortung für die Bewegung in der Schweiz, zusammen mit Clara Squarzon, anvertraute. Mit seiner Offenheit für Neues, mit seinem Weitblick und auch mit der Fähigkeit, immer nach neuen Zielen Ausschau zu halten, war er eine treibende Kraft für die Entwicklung und Ausbreitung der Bewegung hier.

Da könnte man ein reiches Kapitel von Initiativen und Projekten nennen:

  • das erste Schweizer Genfest 1976 und die verschiedenen Anlässe für Jugendliche,
  • Das Gespräch und die Zusammenarbeit mit den Reformierten, die verschiedenen ökumenischen Schulen, der Kontakt zum Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf,
  • Ab Mitte der 1970er-Jahre entstand in Baar das Begegnungs- und Bildungszentrum und 1980 startete das ambitionierte Projekt der Modellsiedlung in Montet,
  • Zusammen mit Clara Squarzon kümmerte er sich auch um die Sommeraufenthalte von Chiara Lubich im Wallis, wo sie Zeit für Erholung und auch Ruhe fand zur Erarbeitung von Vorträgen, Statuten und Richtlinien.

1987 wurde Chiarama die Mitverantwortung - zusammen mit Palmira Frizzera, einer der ersten Gefährtinnen von Chiara - für die Ausbildungsstätte in Montet bei Fribourg anvertraut. Es ging darum, eine Integration in eine kleine Gemeinde mit kaum 400 Einwohnern zu erreichen, Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen für die zahlreichen Studenten aus allen Kontinenten zu erlangen, die Betriebe auf eine gesunde finanzielle Grundlage zu stellen. Noch wichtiger war die Ausbildung der jungen Fokolare, für die er ein wertvoller Gesprächspartner war, der eine wachsame Liebe und grosse Weisheit ausstrahlte.

Jacques Monneron, ehemaliger Bürgermeister von Montet, sagte zu Helmut: "Ich war sehr froh und dankbar über deine Nähe während meiner Amtszeit als Bürgermeister hier in Montet von 1994 bis 2001. In dieser Zeit haben wir viele Probleme im gemeinsamen Gespräch gelöstDu wusstest, wie man mit wenig und mit Verständnis viel erreichen kann. Ich habe deine Stärke und Unterstützung gespürt. Wie könnte ich den lieben Freund vergessen, der du in dieser Zeit geworden bist und der du geblieben bist: das ist unmöglich! Die Erinnerung an dich wird immer in meinem Herzen bleiben! "

Ab 1999 übernimmt Helmut das Sekretariat, das die Bischöfe begleitet, die der Bewegung nahestehen.

Msgr. Brendan Leahy, Bischof von Limerick (Irland), schreibt in seiner Botschaft: "Ich grüsse alle Anwesenden im Namen der katholischen Bischöfe und der Bischöfe  verschiedener Kirchen, Freunde der Fokolar-Bewegung. Wie viele wissen, war Helmut 17 Jahre lang im Sekretariat des Zweiges der Bischöftätig. Wir danken Gott, dem Vater, und dem Werk Mariens für das grosse Geschenk, das Helmut für uns gewesen ist. Mit Hingabe wollte er uns zur Seite stehen und sich in Demut allen zur Verfügung stellen.  Mit seinem grossen Herzen, das sich in seinem Lächeln ausdrückte und mit seiner Fähigkeit, verschiedene Sprachen zu sprechen, wollte er mit jedem von uns aus verschiedenen Kulturen, Kirchen, Sprachen und Mentalitäten verkehren. Mit seiner Leidenschaft für die Kirche wollte er uns helfen, den Plan Gottes für uns als Bischöfe, Freunde der Bewegung, zu verwirklichen..., eine Realität, die aus der Einheit zwischen Chiara Lubich und Klaus Hemmerle entstanden ist. Mit seinem ökumenischen Eifer wollte er mit den verantwortlichen Brüdern und Schwestern verschiedener Kirchen das Geschenk der Einheit in der Vielfalt leben, das die Gegenwart des auferstandenen Jesus unter uns freisetzt".

2015 kehrt Helmut in die Schweiz zurück: Ein grosser Schritt vom Zentrum der Fokolar-Bewegung in ein kleines Fokolar in Zürich. Aber er geht nicht in den Ruhestand: Er widmet sich seiner Fokolargemeinschaft, engagiert sich in der Pfarrei, arbeitet an einem Buchprojekt zur Sexualethik, setzt seine Tätigkeit als geschätzter Begleiter fort … und findet unverhofft ein neues Betätigungsfeld in der Zusammenarbeit mit Sr. Ariane und der Gemeinschaft Sant’Egidio, die sich den Randständigen in Zürich annehmen.

Inmitten der vielen Aufgaben und Aktivitäten fand Helmut immer Zeit, sich der ganz persönlichen Begleitung der ihm anvertrauten Menschen zu widmen: Dabei ging es oft um Lebensentscheidungen, um tiefe persönliche Krisen im geistlichen, familiären oder beruflichen Leben. Helmut hörte einfühlsam zu, respektierte verständnisvoll auch ein Versagen. Dann bot er Rat an, brachte eigene schmerzliche Erfahrungen ein und gab gereifte Erkenntnisse weiter. Kompromisse waren ihm fremd und damit konnten seine Überlegungen auch anspruchsvoll und herausfordernd sein, vielleicht manchmal überfordernd.

„Wer so grosse Verantwortung übernimmt und seine ganze Kraft in den Aufbau eines recht jungen, oft noch unreifen «Werkes Gottes» stellt, der macht auch Fehler“, sagt Gusti Oggenfuss, „und fügt anderen Menschen – ohne es zu wollen – Verletzungen zu. Auch Helmut war davor nicht gefeit. Mit zunehmendem Alter entwickelte er jedoch ein feines Gespür für die Freiheit eines jeden Menschen und suchte – wo möglich – Aussprache und Versöhnung.“


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